Menü

„Wer richtig handelt, sollte nicht bestraft werden.“ – Vorschlag der EU-Kommission zum verbesserten Schutz von Whistleblowern

Juni 2018 · Lesedauer: Min

EU-Kommission stößt einen europaweit einheitlichen (Mindest-)Schutz von Whistleblowern an

Bei den einen gelten sie als Verräter, andere sehen in Ihnen moderne Helden. Die EU-Kommission ergreift mit der Formulierung eines Vorschlags nunmehr zumindest Partei für einen verbesserten und vor allem europaweit einheitlichen (Mindest-)Schutz von Whistleblowern. Die ursprünglich vom Europarat entwickelten Grundsätze sollen bei genauerer Betrachtung allerdings die in guter Absicht handelnden Hinweisgeber genauso schützen, wie diejenigen, denen durch falsche oder böswillige Meldungen ein Schaden entsteht. Damit soll nicht nur die Durchsetzung des Unionsrechts gestärkt, sondern auch das Recht auf freie Meinungsäußerung gefestigt werden. Die Kommission begründet ihren Entwurf dabei nicht zuletzt auch unter Verweis auf aktuelle Fälle von Whistleblowing wie den Panama Papers und LuxLeaks, die es u.a. auch ermöglicht hatten, eine gerechtere Besteuerung in der EU durchzusetzen.

Momentan ist der Schutz von Hinweisgebern in den 28 Mitgliedstaaten noch sehr unterschiedlich geprägt. Umfassende Regelungen hierzu halten lediglich zehn Mitgliedsstaaten vor, in anderen Ländern finden sich hingegen nur vereinzelte bis hin zu gar keinen Schutzbestimmungen.

Regelungsinhalt des Vorschlags
Der Kommissionsvorschlag will im Kern ein abgestuftes System der Berichterstattung durch Whistleblower etablieren:

  • Stufe 1:
    Zunächst ist die Einrichtung einer Stelle für interne Meldungen im Unternehmen selbst vorgesehen.

  • Stufe 2:
    Nur sofern die Nutzung der internen Kanäle keinen Erfolg bietet oder verspricht, soll die Meldung an eine staatliche Stelle zulässig sein. Diese wiederum wird solche Meldungen sorgfältig überprüfen und den Hinweisgebern über das Ergebnis der Überprüfung nach drei bis sechs Monaten Bericht erstatten.

  • Stufe 3:
    Erst in einem letzten Schritt ist vorgesehen, dass sich der Whistleblower an die Öffentlichkeit wenden kann, sofern entweder keine geeigneten Folgemaßnahmen ergriffen wurden oder dies im öffentlichen Interesse als erforderlich scheint.

Zusätzlich zu diesem Verfahren sieht der Vorschlag vor, dass die einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung angemessene Sanktionen zur Abschreckung böswilliger oder missbräuchlicher Meldungen etablieren, um neben dem Schutz des Hinweisgebers ebenfalls den Schutz der Betroffenen solcher Meldungen zu stärken.

Gleichzeitig ist die Kommission bestrebt, den Schutz der Hinweisgeber bis zum Abschluss der entsprechenden Verfahren zu garantieren. Ihnen sollen wirksame Rechtsbehelfe, Verteidigungsrechte und ein faires Verfahren gewährleistet werden. Sie sollen zudem vor einer etwaigen arbeitgeberseitigen Vergeltung durch unberechtigte Kündigungen und anderweitige arbeitsrechtliche Maßregelungen geschützt werden. In diesem Kontext ist auch eine Beweislastumkehr vorgesehen: Der Arbeitgeber muss demnach nachweisen, dass eine Kündigung oder Maßregelung nicht mit den Enthüllungen des Mitarbeiters in Verbindung steht.

Anwendungsbereich
Die EU-Kommission definiert den Begriff des Whistleblowers in ihrem Vorschlag sehr weit. Nicht nur Angestellte, sondern auch etwa Freiberufler, unbezahlte Praktikanten und sogar Bewerber und Zulieferer sollen in den Genuss des besonderen Schutzes gelangen. Der Anwendungsbereich des Vorschlags bezieht sich dabei jedoch allein auf Verstöße gegen Unionsrecht. Die im Einzelnen aufgeführten Anwendungsgebiete reichen hier z.B. vom Bereich der Finanzdienstleistungen bis hin zum Daten-, Umwelt- und Verbraucherschutz.

Anwendung finden sollen die dargestellten Regelungen zudem nur auf Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern oder einem Umsatz von mehr als zehn Millionen Euro jährlich sowie auf Städte oder Verwaltungseinheiten mit mehr als 10.000 Einwohnern.

Fazit:
Das Thema Whistleblowing ist gerade in deutschen Unternehmen außerhalb internationaler Konzernstrukturen noch immer eines, das Vorbehalten begegnet. Insbesondere werden Hinweisgeber häufig noch voreilig als Denunzianten stigmatisiert. Gleichzeitig riskieren Unternehmen ohne ein funktionierendes Hinweissystem, dass Mitarbeiter stattdessen ohne Umwege die Öffentlichkeit suchen. Daher können interne Meldesysteme nicht nur Haftungsrisiken minimieren, sondern darüber hinaus als ein wirksames Compliance-Instrument zum Unternehmenserfolg beitragen. Unabhängig vom Schicksal des Vorschlags, welches nun zunächst einmal von der Zustimmung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten abhängig ist, sind Arbeitgeber daher bereits heute gut beraten, einen Mechanismus für die effiziente und anonyme Aufdeckung von Missständen einzurichten.

Newsletter abonnieren