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Maskenpflicht - Ja, Impfpflicht - Nein - Neue Herausforderungen in der Arbeitspraxis

Februar 2021 · Lesedauer: Min

Ein erhellender Blick auf arbeitsrechtlich bislang nahezu unberührtes Terrain

Die Coronapandemie hat zahlreiche neue Herausforderungen für die betrieblichen Abläufe mit sich gebracht. Der Gesundheitsschutz steht mehr als je zuvor im Fokus. Ein allgegenwärtiges Thema ist die Maskenpflicht und ihre Ausnahmen. Mit der Ankündigung der Bundesregierung, ab Sommer jedem in Deutschland ein Impfangebot machen zu können, stellen sich nun auch hierzu die ersten Fragen. Zeit für uns, arbeitsrechtlich bislang nahezu unberührtes Terrain für Sie zu beleuchten.

Anordnungsbefugnis zur Maskenpflicht bestätigt
Vom Arbeitsgericht Siegburg (Az.: 4 Ga 18/20) wurde jüngst entschieden, dass Arbeitgeber berechtigt sind, das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Arbeitszeit anzuordnen. Auch wenn viele Corona-Schutzverordnungen der Länder die allgemeine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung regeln, sind überwiegend keine spezifischen Regelungen für den Arbeitsplatz enthalten. Daher bringt diese Entscheidung Rückenwind für Arbeitgeber, die sich diesbezüglich Diskussionen mit Mitarbeitern ausgesetzt sehen. 

Anforderungen an Befreiungen von der Maskenpflicht
Viele Arbeitgeber erhalten ärztliche Atteste von Mitarbeitern, die die Befreiung von der Maskenpflicht vorsehen. Dadurch kommt die Frage auf, ob die Arbeitgeber diese Atteste ohne weiteres akzeptieren müssen? Arbeitsgerichtliche Urteile gibt es dazu bisher nicht. Da die Maskenpflicht jedoch Streitigkeiten in unterschiedlichen Rechtsgebieten auslöst, gibt es jedenfalls von den Verwaltungs- und Zivilgerichten bereits erste Tendenzen. Getreu dem Motto „Zwei Juristen, drei Meinungen“ herrscht hier jedoch keine Einigkeit. Sowohl das OVG Nordrhein-Westfalen (Az.: 13 B 1368/20) als auch das OLG Sachsen (Az.: 6 W939/20) haben für den Bereich der Lehrveranstaltungen entschieden, dass ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht nachvollziehbar erkennen lassen muss, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf Grund der Maskenpflicht zu erwarten seien und woraus diese resultierten. Die einfache Bestätigung der Befreiung von der Maskenpflicht ohne Begründung reiche danach nicht aus. Das OVG Berlin-Brandenburg (Az.: OVG 11 S 132/20) entschied hingegen, dass die Anordnung zum Vermerk der Diagnose und die daraus folgenden Gründe für die Befreiung von der Maskenpflicht rechtswidrig sei. Der Betroffene sei dadurch gezwungen, hochsensible Gesundheitsdaten offenzulegen. 

Der datenschutzrechtliche Einwand ist zunächst nachvollziehbar. Allerdings könnten der Gesundheitsschutz und die Eindämmung der Pandemie unter Umständen ein berechtigtes öffentliches Interesse an dieser Datenverarbeitung darstellen. Aufgrund der Sensibilität des Themas sollten Arbeitgeber jedoch zurückhaltend mit der Forderung nach einer detaillierten Begründung umgehen. Bestehen Zweifel an der gesundheitlichen Notwendigkeit der Befreiung von der Maskenpflicht, kann im ersten Schritt das Gespräch mit dem Mitarbeiter Aufklärung bringen. Denkbar wäre auch die Einschaltung des Betriebsarztes, um eine objektive Zweitmeinung einzuholen. Ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Mitarbeiter bei Vorliegen einer ärztlichen Befreiung ohne Mund-Nase-Bedeckung zu beschäftigen hängt letztlich vom Einzelfall ab. In jedem Fall sind die konkrete Tätigkeit, der jeweilige Arbeitsplatz sowie alternativ in Frage kommende Schutzmaßnahmen sorgfältig abzuwägen. Ist eine Tätigkeit ohne Maske ohne hinreichende Schutzmöglichkeiten für andere Mitarbeiter nicht möglich, stellt sich die Frage nach einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, der die Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht tragen kann.

Keine Impfpflicht – Kreativität der Arbeitgeber gefragt
Eine gesetzliche Pflicht zur COVID-19-Schutzimpfung besteht aktuell nicht. Aufgrund des grundrechtlich geschützten Rechts auf körperliche Unversehrtheit darf der Arbeitgeber auch nicht anordnen, dass seine Mitarbeiter sich impfen lassen müssen. Entsprechend sind auch keine arbeitsrechtlichen Sanktionen wie Abmahnungen oder Kündigungen denkbar, wenn Mitarbeiter die Schutzimpfung verweigern. 

Dennoch sind Maßnahmen denkbar, die geimpfte Mitarbeiter privilegieren und damit die Impfbereitschaft insgesamt steigern können. Eignet sich eine Tätigkeit für das Home-Office, kann die Rückkehr in den Betrieb an die Voraussetzung einer entsprechenden Impfung geknüpft werden. Dem Mitarbeiter bleibt es dann freigestellt, weiterhin im Home-Office tätig zu bleiben und sich nicht impfen zu lassen. Zudem könnten Arbeitgeber geimpfte Mitarbeiter von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung entbinden – jedenfalls dann, wenn wissenschaftlich geklärt ist, dass geimpfte Menschen das Virus nicht übertragen können. Des Weiteren kann die Teilnahme an Sommerfesten oder Weihnachtsfeiern von dem Nachweis einer Impfung abhängig gemacht werden. Auch Impfprämien sind als monetärer Anreiz denkbar.

Bei all diesen Maßnahmen sind stets bestehende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen.

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