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Sturz auf dem Weg ins Homeoffice – Arbeitsunfall oder nicht?

Januar 2022 · Lesedauer: Min

Die innere Willensrichtung ist entscheidend

In einem aktuellen Urteil hat das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls bei einer Tätigkeit im Homeoffice präzisiert. Wann der Weg zwischen Bett und häuslichem Arbeitsplatz ein versicherter Betriebsweg ist, hängt vor allem von der inneren Willensrichtung des Arbeitnehmers ab.

Spätestens seit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes zum 24. November 2021 und der damit verbundenen sog. „Homeoffice-Pflicht“ arbeiten Arbeitnehmer, denen es möglich ist, wieder vermehrt im Homeoffice. Die damit verbundenen arbeitsrechtlichen Folgeprobleme dürften in nächster Zeit wieder verstärkt an Relevanz gewinnen. Das gilt insbesondere angesichts der Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, einen gesetzlichen Homeoffice-Anspruch einzuführen.

Besonders relevant ist für die Tätigkeit innerhalb der eigenen vier Wände insbesondere die Frage, wann ein Arbeitsunfall vorliegen kann. Nur wenn ein Unfall als Arbeitsunfall eingeordnet werden kann, der der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegt, ist die Berufsgenossenschaft zu Leistungen verpflichtet. Dazu gab es in der Vergangenheit bereits zahlreiche Urteile, aus denen derer im Einzelfall nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist, auf welcher konkreten Grundlage eine Einordnung als Arbeitsunfall erfolgte.

Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII begründenden Tätigkeit. Entscheidend ist, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der konkreten Tätigkeit, die zu dem Unfall geführt hat, und der versicherten Tätigkeit bestehen. Ob diese Voraussetzung vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles und der inneren Handlungstendenz des Arbeitnehmers ab. War eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit beabsichtigt und kann dies durch objektive Umstände nachvollzogen werden, ist der Unfall entsprechend versichert.

Erfasst ist etwa die Verletzung beim Herausziehen eines Aktenordners aus dem Regal sowie der Sturz auf dem Weg zum Kopierer, auf dem ein dienstliches Dokument kopiert werden sollte. Wegeunfälle innerhalb des Wohngebäudes, z.B. um etwas zu trinken oder zu essen, sind hingegen nicht versichert.

Eine interessante Präzisierung diesbezüglich hat das Bundessozialgericht mit seinem Urteil vom 8. Dezember 2021 (B 2 U 4/21 R) vorgenommen. :

Der Fall lag wie folgt: Der Kläger ist Gebietsverkaufsleiter im Außendienst. Im September 2018 befand er sich auf dem Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro (Homeoffice). Üblicherweise beginnt er dort unmittelbar zu arbeiten – ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte Leistungen aus Anlass des Unfalls ab. Der Unfallversicherungsschutz beginne in einer Privatwohnung auf dem Weg zum Zwecke der erstmaligen Arbeitsaufnahme erst mit Erreichen des häuslichen Arbeitszimmers.

Das Bundessozialgericht hat hier die Vorinstanzen bestätigt, und festgestellt, dass es sich bei dem Sturz auf der Wendeltreppe um einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes handelte. Der Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme müsse als Betriebsweg versichert sein. 

Diese Entscheidung fügt sich nahtlos in die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein. Kurios bleibt dabei aber der folgende Gedanke: Wäre der Kläger dem allgemeinen Ratschlag gefolgt und hätte vor Arbeitsaufnahme zuerst frühstücken wollen, wäre das Urteil anders ausgefallen. Dann hätte es nach der Rechtsprechung an dem inneren Zusammenhang zwischen Unfallgeschehen und der versicherten beruflichen Tätigkeit gefehlt.

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