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Einführung oder Verlängerung von Kurzarbeit? – Notfalls durch außerordentliche Änderungskündigung!

Januar 2021 · Lesedauer: Min

  • Lucas Laufer

Seit Beginn der Corona-Pandemie kämpfen viele Unternehmen mit Arbeitsausfällen. Im November 2020 befanden sich deutschlandweit noch etwa 2.000.000 Arbeitnehmer in Kurzarbeit.

Doch was passiert, wenn sich der Arbeitnehmer der Änderung der Arbeitsbedingungen verweigert und der Arbeitgeber keine andere Option zur Einführung von Kurzarbeit hat? Viele Arbeitgeber führten die Kurzarbeit im vergangenen Jahr zunächst befristet ein und erleben nun, dass die Arbeitnehmer hinsichtlich der Verlängerung der Vereinbarung nicht mehr so kooperativ sind, wie noch zu Beginn der Pandemie. Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte über die praxisrelevante Frage zu entscheiden, ob eine fristlose Änderungskündigung zur einseitigen Einführung von Kurzarbeit gerechtfertigt sein kann.

In Ausnahmefällen ist eine einseitige Anordnung möglich

Die Anordnung der Kurzarbeit benötigt eine rechtliche Grundlage. Hierbei sind in der Praxis häufig Regelungen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen zu finden.

Stehen dem Arbeitgeber keine der genannten Optionen zur Verfügung, ist er darauf angewiesen, eine einvernehmliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer zu schließen. Dies ist aber nicht immer von Erfolg gekrönt, stellt die Kurzarbeit für Arbeitnehmer doch meist eine erhebliche Gehaltseinbuße dar. Nachteile ergeben sich auch in der Rentenversicherung und durch die Steuerprogression.

Verweigert der Arbeitnehmer seine Zustimmung, bleibt dem Arbeitgeber für eine Einführung der Kurzarbeit oft nur der Weg der außerordentlichen Änderungskündigung. Das bestehende Arbeitsverhältnis wird beendet, verbunden mit dem Angebot es nahtlos unter Anwendung der Ergänzungsvereinbarung zur Kurzarbeit fortzusetzen. Die Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Der bisher allgemein geltende Grundsatz, eine Entgeltreduzierung mittels Änderungskündigung sei nur bei drohender Insolvenz möglich, soll nach zutreffender Ansicht des Arbeitsgerichts Stuttgart jedoch nicht auf eine Änderungskündigung zwecks Einführung von Kurzarbeit übertragbar sein. Die Kurzarbeit reduziert neben dem Entgelt auch die Leistungspflicht des Arbeitnehmers und ist gerade nicht auf Dauer angelegt.

Voraussetzungen nach dem Arbeitsgericht Stuttgart

Das Arbeitsgericht Stuttgart formuliert in seiner Entscheidung klare Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer fristlosen Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit. Die Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei an folgende Bedingungen geknüpft:

  • Der Arbeitgeber muss alle Mittel zur Einführung der Kurzarbeit ausgeschöpft haben, insbesondere muss der Versuch einer einvernehmlichen Lösung mit dem Arbeitnehmer unternommen worden sein.

  • Der Arbeitnehmer muss die persönlichen Voraussetzungen für den Kurzarbeitergeldbezug nach §§ 95, 96 SGB III erfüllen.

  • Eine angemessene Vorlauffrist für die Einführung der Kurzarbeit (im Fall über drei Wochen) muss eingehalten worden sein.

  • Die Kurzarbeit muss zeitlich begrenzt sein.

  • Eine weitere Ankündigungsfrist bezüglich des genauen zeitlichen Umfangs der Arbeitsreduzierung stützt die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme.

Ablehnung der Änderungskündigung

Spricht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit aus, muss diese bestimmt genug sein, insbesondere den Zeitraum und den Umfang der Arbeitsreduzierung angeben. Weitere Faktoren, wie Schwellenwerte für Massenentlassungsanzeigen oder ein bestehender Sonderkündigungsschutz, müssen ggf. beachtet werden. Der Arbeitnehmer hat wie bei jeder Änderungskündigung die Möglichkeit, das Angebot zur Änderung der Arbeitsbedingungen anzunehmen, abzulehnen oder dieses unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung sozial gerechtfertigt ist. Im Fall der Ablehnung oder Annahme unter Vorbehalt ist die Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit des Änderungsangebots von den Arbeitsgerichten zu überprüfen.

Fazit

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart ermöglicht es dem Arbeitgeber, auf außergewöhnliche Umstände mit außergewöhnlichen Maßnahmen zu reagieren. Dies ist richtig und notwendig. Aber die Pandemie wird vorübergehen, weshalb die einseitige Gestaltungsmöglichkeit des Arbeitgebers durch eine außerordentliche Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit kein gängiges Mittel bleiben wird. Ob bei Kurzarbeit in anderen „normalen“ Umständen die außerordentliche Änderungskündigung in gleicher Weise genutzt werden kann, ist nicht gesagt. Unternehmen ohne entsprechende Tarifverträge und ohne Betriebsrat ist daher zu empfehlen, ihre Arbeitsverträge mit passenden Klauseln zu versehen. Bei zukünftigen Krisen kann dann flexibel und schnell regiert werden. Hierbei sollte insbesondere auf eine rechtskonforme Ausgestaltung der Klauseln geachtet werden.

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