Menü

Corona-Quarantäne ist auch Urlaub

August 2021 · Lesedauer: Min

  • Katharina Schulte

Nachdem die Pandemie uns lange in Atem gehalten hat, haben wir uns als Pause den Sommerurlaub mehr als verdient. Ob Mallorca, Griechenland oder Kanaren – die Deutschen sind in Urlaubslaune. Aber Vorsicht: Wer sich im Urlaub in Quarantäne befindet, gilt nicht automatisch als arbeitsunfähig und kann die Urlaubstage nicht ohne Vorlage eines Attestes vom Arbeitgeber zurückverlangen. Das Arbeitsgericht Bonn hat jüngst entschieden, dass Arbeitnehmern, die sich während ihres Urlaubs in behördlich angeordneter Quarantäne begeben müssen, für diesen Zeitraum den Urlaub nicht wieder gutgeschrieben werden muss – außer sie können eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.

 

Ersatz der Urlaubstage bei Krankheit

Die Urlaubstage dienen aus Sicht des Gesetzgebers der Erholung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer soll sich entspannen und seine volle Arbeitskraft bestmöglich zurückgewinnen. Dies kann er aber nicht, wenn er krank ist – der Erholungseffekt tritt dann nicht ein. Daher besteht für den Fall, dass der Arbeitnehmer während des Urlaubes arbeitsunfähig erkrankt, ein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Rückgewährung bzw. „Rückbuchung“ der Urlaubstage als Resturlaub, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest vorlegt (§ 9 Abs.1 BUrlG). Das heißt konkret: Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch, dass ihm der Arbeitgeber die Urlaubstage, an denen der Arbeitnehmer erkrankt ist, zurückgewährt.

 

Keine einseitige Rückbuchung des Urlaubs

Die Rückbuchung der Urlaubstage vollzieht sich nicht automatisch und der Arbeitnehmer kann auch nicht eigenmächtig seinen Urlaub verlängern. Denn der Arbeitgeber hat durch die Festlegung des Urlaubszeitraums und die Zahlung des Urlaubsgeldes bereits alles Erforderliche zur Gewährung des Urlaubs getan. Wichtig ist: Der Arbeitgeber schuldet nicht den Eintritt eines Urlaubserfolges. Der Arbeitnehmer muss also aktiv handeln um eine Rückbuchung des Urlaubs zu erhalten. Um die Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber gegenüber nachzuweisen, benötigen Arbeitnehmer ein ärztliches Attest ab dem ersten Tag der Erkrankung. Wird der Arbeitnehmer also nicht von sich aus tätig, bekommt er die Urlaubstage nicht zurück.

 

Behördliche Quarantäneanordnung = Arbeitsunfähigkeit?

Aber was passiert mit dem Urlaubsanspruch, wenn ein Arbeitnehmer während des Urlaubs aufgrund behördlicher Anordnung in Quarantäne muss, weil er Kontakt zu einer infizierten Person hatte oder sich selbst infiziert hat? Gesetzlich ist dieser Fall nicht geregelt. Das Arbeitsgericht Bonn hat sich aber jüngst mit dieser interessanten Frage befasst. 

In dem Fall des Arbeitsgerichts Bonn hatte sich die Arbeitnehmerin vor ihrem Urlaubsantritt mit dem Coronavirus infiziert und musste sich für einen gewissen Zeitraum ihres Urlaubs aufgrund einer behördlichen Anordnung in Quarantäne begeben. Die Arbeitnehmerin ging allerdings nicht zum Arzt und lies sich nicht die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen – was ihr letztendlich zum Verhängnis wurde. Sie verlangte von ihrem Arbeitgeber die Nachgewährung des Urlaubs für den Zeitraum der Quarantäne, was dieser ablehnte. Auch das Arbeitsgericht wies die Klage ab, da die Voraussetzungen für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt seien.

Das Arbeitsgericht Bonn betonte, dass ein die „Rückbuchung“ des Urlaubs nur bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit erfolgt, was ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt nicht der Fall sei. Eine behördliche Quarantäneanordnung stehe einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich, so das Gericht. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers obliege allein dem behandelnden Arzt. Eine Erkrankung mit dem Coronavirus führe auch nicht zwingend zu einer Arbeitsunfähigkeit. Nur ein Arzt könne beurteilen, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig sei. 

 

Keine Analogie bei behördlich angeordneter Quarantäne

Dies wirft die Frage auf – mit der sich auch das Arbeitsgericht Bonn beschäftigt hat – ob, die Vorschrift § 9 BUrlG, die nur den Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erfasst – nicht analog für eine behördlich angeordnete Quarantäne anzuwenden ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut erfasst § 9 BUrlG nur den Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Einige Juristen vertreten eine analoge Anwendung der Vorschrift für behördlich angeordnete Quarantäne, wenn der Arbeitnehmer nicht zugleich arbeitsunfähig erkrankt ist.  

Das Arbeitsgericht Bonn lehnte nun aber auch eine analoge Anwendung des § 9 BurlG bei einer behördlichen Quarantäneanordnung im Falle einer Corona-Erkrankung ab. Das Gericht teilte mit, es liege weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Sachverhalt vor, da eine Erkrankung mit dem Corona-Virus nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit führe.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn ist nachvollziehbar und bringt Klarheit. Denn bereits mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und weiteren Neuregelungen zu Verdienstausfall hätte der Gesetzgeber die Folgen für einen bereits gewährten Urlaub regeln können und hat dies nicht getan. Diese Lücke im Gesetz kann als bewusster Verzicht gewertet werden.

Selbst bei Unterstellung einer planwidrigen Regelungslücke müsste die behördlich angeordnete Quarantäne eine typische Vergleichbarkeit mit der Konstellation einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit aufweisen. Das ist aber nicht der Fall. Die behördlich angeordnete Quarantäne führt dazu, dass die Person „abgesondert“ wird. Aber nicht jede Absonderung hat zur Folge, dass die betroffene Person ihre Arbeitsleistung nicht erbringen kann. Dies ergibt sich beispielsweise bereits daraus, dass in Zeiten des Homeoffice einige Arbeitnehmer, auch wenn sie ihr Haus nicht verlassen dürfen, von zu Hause aus arbeiten und ihre Arbeitsleistung weiterhin erbringen können. 

Fazit 

Für Arbeitgeber ist das Urteil aber begrüßenswert. Es kann als Orientierungshilfe hinsichtlich der Nachgewährung von Urlaubstagen bei Quarantäne fungieren. Es bleibt aber spannend: Die Entscheidung des ArbG Bonn ist noch nicht rechtskräftig und die Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln ist möglich. 

Newsletter abonnieren